Der neue Mittelpunkt der Stadt
Rotarier und Lions enthüllen Relief aus Bronze

Dass zum täglichen Leben aber auch ein Stück Bildung, ein bisschen Kunst und ganz bestimmt die Bereitschaft, Ungewöhnliches zu wagen, genauso dazu gehören, machte der Rotary-Präsident Paulsen am Sonnabendvormittag deutlich. Gemeinsam mit Finn Teichmann, seinem Lions-Pendant, übergab er das nagelneue Stadtrelief aus Bronze an die Verwaltung.
Das Besondere der 90 Kilogramm schweren Skulptur: Der Ausschnitt der Stadt, den sie zeigt, lässt sich auch von Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung lesen. Künstler Felix Brörken hat Straßennamen und einzelne Gebäude mit der Braille-Schrift versehen. „Wir träumen schon viele Jahre davon“, schickte Karl-Heinz Paulsen der Übergabe vorweg.
Zu dem Zeitpunkt lag das Relief, das auf einem gut drei Tonnen schweren Findling ruht, noch blickdicht verhüllt unter einem blauen Samttuch. Die Umsetzung der Idee habe jedoch länger gedauert als ursprünglich angenommen. „Und auch wenn der gemeinsame Konsens von Lions und Rotary auf sozialen Projekten liegt, reiht sich das Relief gut in unser Tun ein“, fand Paulsen. Damit bezog er sich auf den rotarischen Bronze-Fischer am Hafen, die Bronze-Heringe, die eine rotarische Spur durch die Stadt ziehen, sowie die bronzene Fischersfrau mit Lions-Stempel auf der anderen Seite der Schlei. „Kultur ist wichtig“, sagte Paulsen, „und macht Kappeln vermutlich bekannter als es der Wirtschaftsstandort tun könnte“. Dass gleichwohl Unternehmen und Sponsoren nötig waren, um das Projekt Stadtrelief umzusetzen, betonte im Anschluss Finn Teichmann. Und auch er erinnerte daran, dass es manchmal eben die Kraft beider Service-Clubs brauche, um Dinge wahr werden zu lassen. „Beide wollten zu ihren Jubiläen der Stadt etwas Besonderes schenken. Und dann sind wir irgendwann klug geworden und haben es einfach zusammengemacht“, sagte Teichmann.
Der Lions-Präsident hob danach den Rotarier Hans Hermann Tange heraus, der „ganz viel Herzblut“ in das Projekt gesteckt habe. Tatsächlich war es Tange, der sich in großem Maße um Sponsoren bemüht und auch sonst den überwiegenden Teil der Organisation gestemmt hatte. Anlässlich der Einweihung des Reliefs sagte aber auch er: „Eine gute Idee ist noch lange kein Selbstläufer.“ Damit reichte er den Dank weiter an Kappelner Geschäftsleute und Bürger, die ihren Teil zur Realisierung des Projekts beigetragen hatten. Den größten Teil allerdings hatte Felix Brörken beigesteuert. Der Bildhauer aus Soest in Nordrhein-Westfalen war eigens zur Enthüllung angereist – und selbst wenn er gemeinsam mit seinem Vater mittlerweile etwa 150 Modelle im In- und Ausland umgesetzt habe, „bleibt jedes Modell eine eigene Herausforderung“.
Gegossen hatte Brörken das Mini-Kappeln in Goldbronze, und er versprach: „Je mehr es berührt wird, desto goldener wird es.“ Und für eben diese Berührung ist das detailreiche Reliefausgelegt. Auf seiner Website beschreibt Brörken, Sehbehinderten die Möglichkeit zu bieten, „auf Fingerkuppen durch die Stadt zu spazieren“. Sie selbst zu entdecken. Samt Schleibrücke, Heringszaun, Speicher, Nikolaikirche, Aal-Türmen. „Es geht darum, die Besonderheiten einer Stadt herauszuarbeiten“, sagte der Künstler hinterher. Gute zehn Monate hatte er insgesamt mit der Kappeln-Miniatur verbracht und dabei vor zwei Momenten gehörigen Respekt: „Ich bin immer dann besonders erleichtert, wenn der Guss geklappt hat und nach dem Aufstellen.“
Davon, dass beim Projekt „Kappelnin Bronze“ beides reibungslos funktioniert hatte, überzeugte sich neben etlichen Schaulustigen auch der stellvertretende Bürgermeister Sven Becker, der das Relief in Empfang nahm. Becker sprach von einer „griffigen Stadtansicht“, mit der ein neuer Ausgangspunkt für Stadtführungen geschaffen worden sei. Oder wie es Karl-Heinz Paulsen beschrieben hatte: „Der neue Mittelpunkt der Stadt.“
Quelle: Text Rebecca Nordmann/ Foto Marcus Dewanger/sh:z/Schlei Bote